Der Jugend-Kultur-Preis 2002

Der Jugend-Kultur-Preis des Landes Sachsen-Anhalt stand 2002 unter dem Motto „Rückenwind & Gegenwind“. Es wurden insgesamt 65 Beiträge eingereicht und das Heidegymnasium Pretzsch im Landkreis Wittenberg konnte sich über den ersten Preis und damit 3.324 Euro freuen.

Die Preise gingen dieses Jahr an:

1.  Preis – 3.324 Euro
Heidegymnasium Pretzsch im Landkreis Wittenberg
Theaterprojekte »Alles in allem. Ein Märchen fällt aus dem Rahmen« und »Komm! Ein Totentanz

«2.  Preis – 2.300 Euro
Kindermalzirkel der Staatlichen Galerie Moritzburg in Halle
Beitrag: Ausstellung „Skurriles & Mobiles“

3. Preis – 1.534 Euro
Barockensemble der Musikschulen Sachsen-Anhalts
Beitrag: Konzerte in Werl und Hamm, Botschafter der „Mitteldeutschen Barockmusik“ und Pflege der mitteldeutschen Barockmusiktradition

Förderpreis – 511 Euro
Spielwagen e.V. – Verein zur Förderung eines Kinder- und jugendgerechten Lebens in der Stadt Magdeburg

Beitrag: soziokulturelles Projekt „Wie der Wind hier weht“ – ein Buch mit Texten, Fotos und Interviews von und mit jungen Menschen aus Magdeburgs Stadtteil Neu-Olvenstedt

Förderpreis – 511 Euro
Johannes Raetz und Elias Schödel aus Dessau
Beitrag: Komposition und konzertante

Interview mit Matthias Semrau

Wir haben mit Matthias Semrau gesprochen. Damaliger Gewinner des Förderpreises. Der Jugendclub „Mühle“ wird getragen vom Spielwagen e.V., dessen Ehrgeiz es ist, kinder- und jugendgerechtes Leben in Magdeburg zu ermöglichen und zu fördern. Die „Mühle“ befindet sich im Magdeburger Stadtteil Olvenstedt. Ein „Problembezirk“, wie gern gesagt wird.

Hast du schon immer in Olvenstedt gelebt?
Ein Jahr vor der Wende bin ich mit meinen Eltern nach Olvenstedt gezogen, weil es in den Neubauten dort „warmes Wasser aus der Leitung“ gab. Damals war Olvenstedt der „Mercedes unter den Stadtvierteln“. Jeder wollte da hin. Bis ich vor zwei Jahren weggezogen bin, habe ich den ständigen Wandel des Viertels komplett miterlebt. Nach und nach ist die Gegend leider immer mehr verkommen.

Wie hast du den Wandel um dich herum erlebt?
Man sucht nach Orientierung. Ein Ort, der uns Jugendlichen eine Orientierung geben will, der für uns da ist, ist der Jugendklub „Mühle“. Ich bin damals das erste Mal da hingegangen, weil die eine richtige Tischtennisplatte hatten. Nicht so eine olle aus Beton. Aber es gab schon auch eine Menge Leute, denen es zu Hause echt scheiße ergangen ist und die hier eine gute Abwechslung finden konnten.

Was wird da so geboten?
In unregelmäßigen Abständen erscheint in Eigenproduktion die „Mühlenzeitung“, eine Zeitschrift von Jugendlichen für Jugendliche, die zum Selbstkostenpreis verkauft wird. Hier hat jeder die Möglichkeit, über alles zu schreiben, was ihn bewegt oder was er schon immer einmal loswerden wollte. Und eines Tages machte Liane den Vorschlag, im Stil der „Mühlenzeitung“ ein ganzes Buch zu erstellen. Thematisch sollte es um unseren eigenen Bezug zu unserem Umfeld gehen. Am Anfang wurde der Vorschlag noch skeptisch aufgenommen, nach und nach fanden sich dann aber doch gut anderthalb Dutzend Leute zusammen, die daran mitarbeiten wollten. Wir bekamen sogar extra einige Workshops, davon sogar einen einwöchigen „Reflektierworkshop“ in der Jugendbildungsstätte in Peseckendorf. Das hat vielen wirklich geholfen, die Augen, auch für sich selbst, zu öffnen.

Wie war das Buch aufgebaut?
Es gab Gedichte, Kurzgeschichten, Plädoyers, gegenseitige Interviews – jede Beitragsform war willkommen.

Was habt ihr bei der Arbeit empfunden?
Für die meisten von uns war es eine sehr spannende Sache, einfach mal intensiv über sich selbst nachzudenken und das alles, was einem so durch den Kopf ging, aufzuschreiben. Man kam auch im Laufe der Arbeit mit Leuten in Kontakt, mit denen man vielleicht vorher gar nichts zu tun hatte, oder vielleicht gar nichts zu tun haben wollte, und stellte fest, dass der ja doch ganz in Ordnung war. Und am Ende hielten wir unser erstes eigenes Werk in den Händen: Das Buch „Wie der Wind hier weht“.

Wie wurde das Buch in der Öffentlichkeit aufgenommen?
Das Buch wurde in einer Auflage von 1.000 Stück gedruckt und stieß auf großes Interesse. Neben Lesungen an der Hochschule Siegen und auf der Leipziger Buchmesse durften wir auch bei der Verleihung des Jugend-Kultur-Preises einige unserer Texte vorstellen. Wir waren alle zum ersten Mal in der Moritzburg in Halle und sprachen auch fast alle zum ersten Mal vor so einem großen und prominenten Publikum. Aber den Leuten hat es wirklich gefallen. Das stärkt das Selbstvertrauen ungemein. Mich persönlich hat besonders motiviert, als der Kultusminister bei einer meiner Textstellen schmunzelte und mir anschließend lohnend auf die Schulter klopfte. So etwas prägt sich ein.

Share:

Facebook
Twitter
Pinterest
LinkedIn