27. Kinder- und Jugend-Kultur-Preis des Landes Sachsen-Anhalt
Am 7. Juni 2024 verlieh Staatssekretär für Kultur, Dr. Sebastian Putz, den diesjährigen Kinder- und Jugend-Kultur-Preis des Landes Sachsen-Anhalt. Die Veranstaltung fand im H2O Turmpark in Magdeburg statt.
Wir graturlieren allen Teilnehmenden sehr herzlich und freuen uns, dass sich so viele Kinder- und Jugendliche beteiligt haben.
Eingereicht wurden 105 Beiträge von mehr als 900 Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 21 Jahren. Der Preis ist mit insgesamt 6.500 Euro dotiert. Neben den drei Hauptpreisen wurden zwei Förderpreise, ein Sonderpreis der Kinder- und Jugendjury sowie fünf Anerkennungspreise vergeben. Die Beiträge zum diesjährigen Motto »Flausen im Kopf« wurden in den unterschiedlichsten Sparten verwirklicht, wie z. B. Bildende Kunst, Theater, Tanz, Musik, Literatur und Film.
Den ersten Preis gewann die 19-jährige Johanna Steudel vom spielmitte e. V. aus Halle (Saale) mit dem Theaterstück »villain era«.
Die Preisträgerin hat mit ihrer Inszenierung laut Jury ein beeindruckendes Eigenprojekt verwirklicht, bei dem sie sowohl als Autorin des Textbuchs als auch als Regisseurin agierte. Dafür erhielt sie den ersten Preis, der mit 2.000 Euro dotiert ist.
Den zweiten Preis erhielt Anna Pruschek aus Magdeburg für ihre Nachbildungen zum Thema »Künstlerischer Genuss«.
Die 10-jährige beeindruckte die Jury mit detailgetreuen und bemerkenswert realistisch erschaffenen Speisen, die sie über Wochen voller Hingabe kreativ umgesetzt hat. Der Versuch immer wieder so detailliert wie möglich, Speise für Speise darzustellen, ist in jedem Ergebnis laut Jury sehr wertig gelungen. Dafür erhielt sie den zweiten Platz und ein Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro.
Den dritten Platz erzielte Ella Hensel aus Magdeburg mit ihrer Geschichte »Ein Elephant der Trompete lernen wollte«.
Die 10-jährige beweist mit ihrem literarischen Beitrag ein Gespür für Sprache und Literatur. Überrascht hat sie die Jury vor allem damit, dass sie nicht nur die Geschichte selbst schrieb, sondern diese auch grafisch umsetzte. Der dritte Platz wird mit 1.000 Euro prämiert.
Die weiteren Preise...
Den ersten von zwei Förderpreisen, im Wert von jeweils 500 Euro, erhielten 33 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 7 und 16 Jahren aus dem Kinder- und Jugendhilfezentrum Groß Börnecke in Hecklingen. Die Beiträge sind von Kindern und Jugendlichen einer Tagesgruppe gestaltet worden, die eine teilstationäre Hilfe zur Erziehung erhalten. Im Zeitraum von über sieben Monaten widmeten sie sich dem Thema »Flausen im Kopf« und erstellten künstlerische Werke unterschiedlichen Couleurs. Vor allem die Vielfalt und die Hingabe überzeugte die Jury in der Gesamtheit.
Den zweiten Förderpreis erhielt der 17-jährige Gia Huy Dinh aus Magdeburg für sein Musikvideo und seine Kurzgeschichte »Between the cloud«. Er verfasste einen literarischen Beitrag über das Fliegenkönnen, um einem verstorbenen Freund in den Wolken näher zu sein. Dazu wurde ein Musikvideo gedreht. Die Jury ist beeindruckt, dass der Popsong in besonderer Weise professionell filmisch umgesetzt wurde.
Den Sonderpreis der Jugendjury, dotiert mit 500 Euro, nahmen dieses Jahr Sebastian Kilanowitsch, Franz Hohlstein, Julius Kadow, Tommy Meinecke, Jan Wiedemann und Leon Gunther Preußler aus Salzwedel für ihren Film »Creativity Core« entgegen. Der kurzweilige Film der 16- und 17-Jährigen bringt auf humorvolle Weise das Motto »Flausen im Kopf« zur Geltung und bleibt mit seiner abwechslungsreichen Art in Erinnerung. Die Jugendjury würdigte die unzähligen kreativen Ideen und die originelle Umsetzung.
Darüber hinaus wurden folgende Teilnehmer*innen mit Anerkennungspreisen ausgezeichnet, die jeweils ein Preisgeld in Höhe von 100 Euro erhielten:
- Unser Haus vom Wirbelwind – Hort Wirbelwind aus Magdeburg, beteiligt waren 230 Kinder zwischen 6 und 10 Jahren
- Stop-Motion-Film »The Fight«– Jette Jongen und Lucie Nolte (beide 18 Jahre) aus Wettin-Löbejün
- Bild an der Ostsee – Georg Antonio Brunow (8 Jahre) aus Hohenseeden
- Theaterstück »Rucksack, Geheimnis, Kotzfleck – Eine Reise ins Ungewisse« – Puppentheater Magdeburg – Puppenspielclub (neun Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren)
- Gedicht »Die Eulen der Nacht« – Kathleen Schröder (18 Jahre) aus Magdeburg
»Die Vielzahl der eingereichten Beiträge belegt eindrucksvoll die Breite und Vielfalt der Kinder- und Jugendkulturarbeit im ganzen Land«, so Kulturstaatssekretär Dr. Sebastian Putz bei der Preisverleihung. »Das Thema »Flausen im Kopf« wurde sehr kreativ gedeutet: Viele junge Künstlerinnen und Künstler haben sich auf die individuellen Herausforderungen eingelassen, die es zu erweitern oder zu überwinden galt. Sie haben sich intensiv mit einem spannenden Thema auseinandergesetzt, ihr kreatives Potential abgerufen und ihre Fähigkeit zur Selbstorganisation gestärkt.«
Impressionen von der Veranstaltung findest du hier.
Interview mit Johanna Steudel
Von der Idee zur Bühne: Johanna Steudels Erfolg mit »villain era«
Wie ein Theaterstück aus Textfragmenten den ersten Preis beim Kinder- und Jugend-Kultur-Preis des Landes Sachsen-Anhalt gewann.
Den ersten Preis des 27. Kinder- und Jugend-Kultur-Preis des Landes Sachsen-Anhalt, der im Juni dieses Jahres verliehen wurde, hat Johanna Steudel mit dem Theaterstück „villain era“ gewonnen. „Villain era“, welches sie gemeinsam mit drei Spielenden im Kinder- und Jugendtheaterverein „Spielmitte“ in Halle (Saale) inszenierte, überzeugte die Jury mit seiner intensiven Darstellung von Liebe, Wut und Schmerz. In einem Interview mit der .lkj) Sachsen-Anhalt erzählt sie von ihrem Weg von einzelnen Textstücken zu einem eigenen Theaterstück.
Was hast du eingereicht?
Johanna Steudel: Eingeschickt habe ich »villain era« – ein Theaterstück aus meiner Tastatur, an welchem ich in der Spielmitte in Halle mit drei Spielenden Regie geführt habe.
Wovon handelt das Theaterstück?
Johanna Steudel: »Villain era« ist wie ein kleines Kammerspiel, das heißt mit wenigen Schauspieler*innen in einem intimen Rahmen und mit einem eher schlichten Bühnenbild. Im Zentrum der Erzählung steht Mo – nie mit Namen genannt, so wie ihre beste Freundin »Sie« und ihr Freund »Er«. Ein sehr enges Beziehungsnetz also. Wir schauen zu, wie Mo von beiden betrogen wird, was ein wiederkehrendes Thema bleibt, ineinander verschlungene Hände symbolisieren ihren Sex. Nun versucht Mo herauszufinden, wie sie mit beiden Beziehungen umgehen soll. Wir beobachten eine Wendung von nach innen gekehrtem Schmerz zu Wut, Hass, Freiheit. Florian Krannich aus der Spielmitte nannte es einst einen »Seelenstriptease mit vielen Blicken und wenigen Worten« and I think that´s beautiful.
Was war das für eine Erfahrung für dich, ein Theaterstück zu schreiben und Regie zu führen?
Johanna Steudel: Eigentlich bestand „villain era“ aus kleinen Klötzen aus Text, die ich irgendwann mal aufgeschrieben habe, weil ich sie schrecklich schlimm oder unheimlich witzig fand – im Stück liegen diese beiden Adjektive ähnlich nah beieinander. Ich hatte noch gar nicht an eine Bühnenfassung gedacht, bis Michael Morche, Theaterleiter in der Spielmitte e. V. in Halle, auf mich zukam. Er hatte scheinbar gehört, dass ich mit dem Gedanken an ein Regiestudium gespielt hatte. Das Angebot, unter einem Mentor die Regiearbeit mit den Mitteln der Spielmitte machen zu können, hab‘ ich angenommen. Dabei bin ich nicht mal Teil des Vereins!
Wie hat der Verein dich unterstützt?
Nicht nur konnte ich Licht- und Tontechnik, Räume und finanzielle Ressourcen des Vereins nutzen, ich konnte zudem mit Mitgliedern der Theatergruppe das Stück spielen. Wir hatten wöchentliche Proben. Was erst improvisiert war, wurde aufgeschrieben oder verworfen, dann detailorientierter mit Feinschliff an Körperbewegungen und an Wörtern. Auch ich musste rausfinden, wie ich meine Ideen kommuniziere, wie Bühnentheater sich vom Filmtheater unterscheidet und wie man reagiert, wenn jemand die Probe vergisst. Unter gelegentlichen Tipps und Einwürfen von Michael Morche entwickelten wir alle ein Gespür für die Arbeit. Wir haben viel getanzt und geschrien, es war herrlich! Dabei haben wir uns als Team ergänzt. Ohne Philippas herzzerreißende Emotionalität, ohne Jonathans spontane, schrecklich witzige spielerische Entscheidungen und ohne Marikes Verständnis des Stücks und ihre ständigen Nachfragen und Einwürfe wäre »villain era« kaum anzusehen gewesen. Wir hatten drei tolle Vorstellungen vor vollen Stühlen. Das war eine schöne Erfahrung.
Welche Rolle spielte das Motto »Flausen im Kopf« bei der Bewerbung?
Lustigerweise fand ich, dass das Thema ja super zu »villain era« passt. Eine Geschichte voller Liebe, Wut, Schmerz und mit ganz vielen unausgesprochenen Gedanken. Ganz viele Flausen also.
Kam der Preis für dich überraschend?
Johanna Steudel: Erstmal war ich so überrascht von der Preisverleihung generell und von dem Rahmen des Wettbewerbes. Ich fand es so toll, alle Beiträge ein wenig vorgestellt zu bekommen und bei manchen auch mehr Einblick zu bekommen. Als es dann allmählich zu den Hauptpreisen kam, hat schon auch das Herz etwas schneller geklopft und wir waren sehr verwundert und haben uns natürlich super gefreut.
Was bedeutet dir die Anerkennung durch den Preis?
Johanna Steudel: Es ist unglaublich schön, wenn Arbeit wertgeschätzt wird. Mir hat der Preis aber vor allem viel bedeutet, da »villain era« mein erstes eigenes Theaterprojekt ist. Das fühlt sich natürlich toll an. Schön war auch zu sehen, dass die Spielenden ihre Arbeit ausgezeichnet bekommen haben und das kommt in dem Alter auch nicht jeden Tag vor. Außerdem find ich es gut, dass das Land Sachsen-Anhalt in Kultur und Kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen investiert. Weiter so!
Wie geht es künstlerisch für dich weiter?
Johanna Steudel: Erstmal steht für mich in der Spielmitte noch ein geteiltes Regieprojekt an und wir planen auch, »villain era« nochmal aufzuführen, vielleicht auch mit einer anderen Besetzung. Da ich auch noch währenddessen arbeiten gehe, mag das vielleicht erst nächstes Jahr sein, aber ich freue mich drauf. Eventuell kommt ja nächstes Jahr auch noch eine Eigenarbeit.
Möchtest du anderen jungen Künstler*innen etwas mitgeben?
Johanna Steudel: Aus vielen schlechten Dingen kann auch Schönes entstehen. Wagt Sachen!