„…ich bin unterwegswohin“.

Im 3. Jahr des Jugend-Kultur-Preis stand alles unter dem Motto „…ich bin unterwegswohin“. Im Jahr 1999 wurden dabei 48 Beiträge eingereicht. Der 1. Preis wurde in diesem Jahr zweimal vergeben. Da die beiden Gewinnereinsendungen so gut waren, konnte sich die Jury nicht final entscheiden. Einer der ersten Preise ging an Nils Camin aus Oschersleben, von ihm wird weiter unten ein Interview zu lesen sein

 

Die Preise gingen dieses Jahr an:

2. Preis – 6.000 DM
»Kleiderordnung – Uniformierung in Jugendsubkulturen« von Nils Camin aus Oschersleben
Dokumentation in Texten, Interviews und Fotobüchern

2. Preis – 6.000 DM
„Das KinderStadtBuch Dessau“ von Kindern für Kinder gestaltet Kinderwerkstatt der Stiftung Bauhaus Dessau

3. Preis – 3.000 DM
PräsentationsClub für angewandte Kunst Halle e.V. „Kostüm- und Saalkreisgeschichte“ Präsentation einer Kulturgeschichte

Förderpreis – 500 DM
Gymnasium „Hanns Eisler“, Halle-Trotha „Faszination Glas“ Projektarbeit und Ausstellung themengebundener Bleiglasfenster

Förderpreis – 250 DM
Sonderschule für Geistigbehinderte Zerbst „Die Indianer vom Kirchplatz Nr. 7“ Musik-und-Spielprojekt von Kindern

Förderpreis – 250 DM
Theatergruppe PAPPKARTON, Halberstadt „Das Haus. Aus“ Text und Inszenierung

Interview mit Nils Camin

Nils Camin (geboren 1977) hat sich als medien- und gesellschaftsinteressierter Student mit einem überraschend aufschlussreichen Projekt über Jugendsubkulturen und das „Wohin“ von Jugendlichen für den Jugend-Kultur- Preis beworben.

Wie bist du darauf gekommen, dich mit „Uniformierung in Jugendsubkulturen“ zu beschäftigen? Was ist das überhaupt?
Ich habe mich schon immer für die verschiedenen Szenen und Outfits interessiert, fand das faszinierend. Anfangs ist das ganz neu und rebellisch und nach einer kurzen Phase gibt es dann den Abziehbild-Punker oder -Skin und so weiter. Da kann man zum Konzert von zum Beispiel „Agnostic Front“ mit längeren Haaren genauso fehl am Platz, das heißt falsch angezogen sein wie mit Springerstiefeln zum Vorstellungsgespräch. Diese „Uniformierung“ ist ja eigentlich paradox. Man will seine Individualität vorzeigen, aber das steht dann diesem Gruppen- und Szenegefühl – „du bist einer von uns“ – in irgendeiner Weise gegenüber, beziehungsweise löst sich darin auf. Um das zu zeigen, habe ich vor Konzerten oder Diskotheken mit Kamera, Stativ und Leinwand gestanden und die Leute fotografiert. Wirklich verwendbare Bilder bekam ich aber erst, als ich Aufnahmen in einem Fotostudio machen konnte. Ich habe dann Flyer an Punks, Skins, Gothics und HipHopper verteilt und einige kamen tatsächlich zu den Terminen ins Fotostudio. Die Leute habe ich dann komplett in ihren Outfits in schwarz-weiß  geknipst und von jeder Szene vier ausgewählt. Diese kamen dann in je ein Buch. In diesem konnte man die Köpfe, Mitte und Beine extra blättern. Jede Seite des Buches war in drei Teile geschnitten, so dass man die Hosen und Jacken „tauschen“ konnte. Das passte erstaunlich gut übereinander. In der dazugehörigen Ausstellung hingen die gemachten Fotos als „lebensgroßer Starschnitt“ an der Wand und die Bücher lagen davor auf dem Boden. Die Models haben als Dank Abzüge ihrer Fotos bekommen. Außerdem gibt es immer noch die Idee, mal eine Auswahl der Bilder als Buch zu veröffentlichen; mal sehen.

Was hast du mit dem Preisgeld angestellt?
Ich habe mir tatsächlich meinen ersten eigenen Computer, einen Mac, gekauft. Den habe ich übrigens immer noch! Das war toll, weil ich endlich nicht mehr meinem Mitbewohner auf den Keks ging, dessen PC ich bis dato immer benutzen musste. In der Hochschule gab es damals zwar einen Computerraum, der aber leider nur bis 16 Uhr geöffnet hatte; glaub ich.

Hattest du später darüber nachgedacht, dich noch einmal zu bewerben?
Ich hab mich tatsächlich das Jahr darauf noch einmal mit einem Video beworben. Das hieß „Soma“ und war so ein Zusammenschnitt von fiesen Fernsehtalkshows, mit fieser Musik darunter, die Schublade Medienkritik.

Wenn du ein Motto für einen Jugend-Kultur-Preis vorschlagen könntest, was würde dir spontan einfallen?
Hmm. Diskutiert wird ja gerade viel das Gefühl zum eigenen Land, Fußball-Weltmeisterschaft und so weiter Vielleicht was in der Richtung Nationalgefühl vs. Rechtsradikalismus, der ist ja leider auch wieder „in“.

Auszug aus der Beurteilung der Jury
„Sein Ziel war es, szenetypische Outfits und ihre Konformität fotografisch zu dokumentieren. Zu diesem Zweck konzentrierte sich Nils Camin auf vier prägnante Szenen: Punks, Skinheads, Gothic und die Hip-Hop- Szene. (…) Zu den gesammelten Fakten und Erfahrungen über die Subkulturen entstanden Texte, die ein entsprechendes Hintergrundwissen vermitteln sollen. (…) Das gelingt vermittels einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit den Jugendlichen, über genaue Studien ihrer Gewohnheiten, über Analysen von Gruppen und letztlich über Versuche, diese zu verallgemeinern. Das wird mit überzeugenden Mitteln (Bild und Text) und mit Hilfe adäquater Medien (Fotografie) vorgetragen.“

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